Gartenschätze: Alte regionale Gemüsesorten

Selbstvermehrte regionale Gemüsesamen wurden jahrzehntelang über den Gartenzaun weitergereicht und konnten so erhalten werden. Heutzutage gibt es Vereine, wie die Gartenarche, die es sich zum Ziel gesetzt haben, alte regionale Gemüsesorten für die Nachwelt zu bewahren. In diesem Jahr wagen wir mit unserem Biokleingarten das spannende Experiment von zwei Patenschaften: Einmal eine ca. 150 Jahre alte Sorte Stangenbohnen „Schlachtschwert“ und einmal eine ca. 75 Jahre alte Buschbohne „Bergische Schmalz“. Nach den Eisheiligen wird gesät und unsere Vorfreude ist jetzt schon riesig.

Gute Gründe für alte regionale Gemüsesorten

Unser Gemüsebeet
Unser Gemüsebeet ist bald um zwei alte regionale Bohnensorten reicher

Früher war es für Gemüsegärtner selbstverständlich, einen Teil des Saatgutes für das nächste Jahr aufzubewahren. Dazu wurden nur jene Sorten verwendet, die besonders gut schmeckten und ertragreich waren. Wenn Pflanzen kümmerlich wuchsen, krank wurden oder andere Nachteile besaßen, wurden nicht weiter vermehrt. Diese Auswahl bzw. Selektion der gesunden Pflanzen führt über Jahrzehnte dazu, dass die Pflanzen genau die Gene besitzen, die sie in einer bestimmten Region benötigen. Diese Anpassung der Pflanzen bezieht sich auf das regionale Klima und damit einhergehend auf den Bedarf an Wasser und Wärme, die Widerstandsfähigkeit gegen Spätfröste, Hagel, Sturm und vieles anderes. Aber auch Fressfeinde und Pilzkrankheiten, die in dieser Region verbreitet sind, haben es bei regionalen Sorten schwerer. Die Pflanzen haben schließlich viele Jahrzehnte an Gegenstrategien arbeiten können (exakt ausgedrückt waren hier Zufallsmutationen am Werk). Aus diesem Grund sind wir sehr gespannt darauf, ob wir einen deutlichen Unterschied im Vergleich zu unseren bisherigen Ernten bemerken werden.

Ein weiterer Grund ist der Schutz der Artenvielfalt. Wenn ich manchmal durch die Internetseiten von Saatgutanbietern klicke, habe ich den Eindruck, dass es eine enorme Artenvielfalt bei den erhältlichen Sämereien gibt. Aber tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Da es die Tendenz gibt, dass Saatgut immer mehr zentral erzeugt wird, bis hin zu den gefürchteten Monopolen, und immer weniger regional, schrumpft auch die Artenvielfalt beim Saatgut auf dramatische Weise. Da Saatgut nur begrenzt haltbar ist, können bestimmte Sorten (z. B. bei von der Pastinake) schon innerhalb weniger Jahre aussterben, wenn sie nicht mehr angebaut werden – und dabei ist es ganz egal, wie wunderbar diese Sorten waren :-(

Das muss bei Patenschaften beachtet werden

Bei der Annahme einer Patenschaft verpflichtet man sich, die Anbauhinweise (übliches Gärtnerwissen und regionaler Anbau) zu beachten und einen Teil des Saatgutes wieder an den jeweiligen Verein zurückzugeben. Damit die Sorten rein bleiben, darf man in einem gewissen Umkreis nicht noch einmal die gleiche Art anpflanzen. In unserem Fall werden wir uns in diesem Jahr auf eine Sorte Stangenbohnen „Schlachtschwert“ und eine Sorte Buschbohnen „Bergische Schmalz“ beschränken.  Die ersten Bohnenhülsen des Jahres werden markiert, z. B. mit einem Bändchen. Diese dürfen dann ausreifen und werden dann zur Saatgutgewinnung weiterverwendet.

Hier bekommt man das Saatgut

Große Auswahl an Patenschaften bei der Gartenarche
Große Auswahl an Patenschaften bei der Gartenarche

Saatgut von alten regionalen Sorten bekommt man auf regionalen Gärtnertreffen oder Pflanzentauschbörsen durch die Vereine. Unser Saatgut haben wir von der Bergischen Gartenarche im Wupperviereck e.V. erhalten. Dieser Verein beruht auf der Initiative der bekannten Gartenbuch-Autorin Marie-Luise Kreuter (Unser Lieblingsgartenbuch: Der Biogarten s. u.), die im Jahr 2001 die Bergische Gartenarche als Arbeitskreis des NABU Oberberg gründete. Gesammelt werden von der Gartenarche nicht nur die Pflanzen, sondern auch deren Geschichten, Besonderheiten und Anekdoten.

Vielleicht gibt es auch im eigenen Kleingartenverein bzw. bei den Gartennachbarn solche verborgenen Gartenschätze. Durch die Weitergabe an einen Verein können diese dann auch für kommende Generationen erhalten werden. Obst- und Gemüsesorten sollten schon vor dem Jahr 1950 (also vor der Industrialisierung der Landwirtschaft), Zierpflanzen und Kräuter dagegen über einen Zeitraum von mindestens 50 Jahren kultiviert worden sein.

Überregional tätig ist der Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V. . Auch dort bekommt man viele Informationen und kann Saatgut sogar online bestellen.

Durch Traditionsgärtnern fitt für die Zukunft

Oft denke ich, dass Gärtnern in Zeiten des Klimawandels, der Umweltverschmutzung und des Insektensterbens sehr mutig ist. Auch wenn sich Pflanzen über Jahrzehnte bewährt haben, kann man nicht sicher sagen, dass sie dies auch in der Zukunft schaffen werden. Ich denke allerdings, dass die besonders gut angepassten und gesunden Pflanzensorten auch die besten Chancen haben, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Und auch wir Gärtner werden uns zusammen mit unseren Pflanzen immer wieder anpassen und dazulernen müssen.